3 MAR 2023 10pm - Schloss Leuk
IM STÖRGARTEN
(Photo:
Dirk Skiba) PROGRAMM UMS `n JIP im störgarten Liederzyklus für Stimme, Blockflöten und Live-Elektronik (Audio & Video), 2022 Text nach dem gleichnamigen Gedichtzyklus von Rolf Hermann aus dem Gedichtband „In der Nahaufnahme verwildern wir“ (2021) Dauer: ca. 80m
PROGRAMMNOTIZEN
„im störgarten“ ist
einer der vier Zyklen daraus: ein Gang durch
einen längst verschwundenen Obstgarten.
Rolf Hermann geht hier - wie bei den anderen
3 Zyklen des Gedichtbandes - von vier Zyklen
aus, die Rainer Maria Rilke am Ende seines
Lebens im Château Muzot im Wallis auf
Französisch geschrieben hat. Hermann zoomt mit seinen neuen Gedichten mitten hinein in unsere Lebenswelt mit ihren globalen Verflechtungen, ihren Hotspots und Flächenbränden, ihren Erschöpfungszuständen. Mit „im störgarten“ findet eine Translokation statt, von den bei Rilke nicht präziser verorteten Obstgärten ins Leukerfeld, das von Hermann als Sehnsuchtslandschaft durchschritten wird. Sein Parcours führt an Stationen der vermeintlich gestalteten und der sich überlassenen Natur entlang, was letztlich in Erinnerung und Selbstbefragung über eben jene mündet. Rolf Hermann dazu: „Im Zyklus
„im störgarten“ ist die Trauer ein zentrales
Motiv. Dieser Zyklus spielt in einem
Gebiet (Leukerfeld), das mir seit meiner
Kindheit vertraut ist. Die Landschaft wurde in den
letzten Jahren tiefgreifend verändert.
Äcker, Felder und Wiesen wichen Gewerbe- und
Industriezonen, einem Golfplatz und einer
Autobahn. Die unausgesprochene Frage, die sich
durch diesen Zyklus zieht, lautet für mich
denn auch: Was geht in uns vor, wenn eine
Landschaft, die wir seit unserer Kindheit
lieben, entstellt wird? Da scheint mir
die Verwilderung durchaus eine ratsame Option
zu sein.“ Eine musikalische
Interpretation einer
literarischen Anverwandlung Rilke
́scher Gedichte „im störgarten“ ist ein Liederzyklus für Stimme, Blockflöten und Elektronik (Audio & Video) von UMS `n JIP, das auf Anregung des Autors Rolf Hermann und dessen Mentor/Lektor Alejandro Hagen entstanden ist. Hermann und Hagen sind langjährige Weggefährten von UMS `n JIP und mit deren Arbeit bestens vertraut. Das Werk ist abendfüllend und sowohl als Ganzes wie auch in Teilen aufführbar: konzertant, performativ und/oder als Teil einer Lesung. Kompositorisch greifen wir (UMS `n JIP) das Thema der schleichenden Natur-Entstellung auf und interpretieren diese in einem etwa 80 Minuten dauernden musikalischen Prozess: Ausgehend von abstrakten Geräusch-Fragmenten — an Naturgeräusche erinnernd — entwickeln sich mehrere Verdichtungsprozesse. Anfänglich in ihre Klangbestandteile aufgelöst und äusserst langsam als Flüstern kaum im Raum wahrzunehmen, werden die Worte und Sätze der Gedichte mit fortschreitender Dauer zunehmend konkret als Sinneinheiten wahrnehmbar und melismatisch eingebunden. Die Klänge unterstehen einer schleichenden Metamorphose: sind sie anfangs ausschliesslich analog erzeugt, so schleicht sich im Verlauf des Stückes immer mehr die elektronische Substitution ein. Dass diese zunehmend in einem „verführerischen“ popkulturellen Kleid daherkommt, verleiht dem Ganzen eine verstörend-reizende Ambivalenz, welche mit unseren ästhetischen Erwartungshaltungen spielt und diese als blosse Hüllen entlarvt, relativiert - und bricht. So wie Rolf Hermanns Wunsch:
„die Sinnlichkeit und die Verletzlichkeit der
Welt in Worten erfahrbar zu machen“ gesellt
sich zu ihm der unsrige, dieselbe Sinnlichkeit und
Verletzlichkeit nun auch in
Klängen erfahrbar zu machen. MITWIRKENDE UMS 'n JIP Ulrike Mayer-Spohn, Blockflöte/Elektronik Javier Hagen, Stimme/Elektronik BIOGRAPHIEN
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