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2011 - DER CORNET (RILKE)

22/JAN/2011
VISP, Theater La Poste
20h30

Dauer/durée: 40min
Der Cornet (Rilke)

Melodram von Viktor Ullmann für Sprecher und Klavier

Wolfgang Beuschel (Sprecher)
Walter Prossnitz (Klavier)


CHF 30.-/20.- (erm.) Einzelvorstellung/Tageskarte
CHF 30.-/20.- (réd.) spectacle/carte journalière
Reservationen/Reservations:
Theater La Poste Visp
Tel: 027 948 33 11
E-mail: laposte@visp.ch

PROGRAMM

VIKTOR ULLMANN
DIE WEISE VON LIEBE UND TOD DES CORNETS CHRISTOPH RILKES (1944)
Melodram von Viktor Ullmann nach einem Text von Rainer Maria Rilke
Wolfgang Beuschel, Sprecher
Walter Prossnitz, Klavier

Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke ist der Titel einer kurzen Erzählung von Rainer Maria Rilke. Sie entstand unter dem Titel "Der Cornet" nach Angaben des Autors innerhalb von einer Nacht im Jahr 1899 in der "Villa Waldfrieden" in Berlin-Schmargendorf. Eine überarbeitete Version schenkte er 1904 Stefan Zweig, auf ihr basierte die Buchververöffentlichung von 1906.

Handlung. Ausgangspunkt der Erzählung ist ein Regest, d. h. die Zusammenfassung einer Urkunde, in einer alten Chronik. Sie berichtet von der Übertragung des Besitzanteils Christoph Rilkes, der 1663 im Türkenkrieg gefallen war, an seinen Bruder Otto. Alternativ zum kurzen Chronikeintrag bietet Rilke die Geschichte vom Zug des Christoph Rilke von Langenau nach Ungarn und seinem dortigen Tod an. Der 18-jährige Adelige reitet mit anderen Soldaten nach Ungarn, um gegen die dort eingefallenen Türken zu kämpfen. Ein französischer Marquis wird dabei sein Freund. Von einer Rose, die der Marquis von seiner Geliebten erhalten hat, schenkt er von Langenau beim Abschied ein Rosenblatt, das ihn beschützen soll. Aufgrund eines Empfehlungsschreibens wird von Langenau zum Cornet, zum Fahnenträger ernannt. Seiner Mutter schreibt er daraufhin stolz einen Brief, den er neben dem Rosenblatt verwahrt. Jenseits des Grenzflusses Raab - an deren Ufern die entscheidende Schlacht bei Mogersdorf stattfinden sollte - übernachtet von Langenau mit seiner Kompanie in einem Schloss. Mit der Gräfin verbringt er die Nacht im abseits gelegenen Turmzimmer. Während der Nacht wird das Schloss von den Türken angegriffen und in Brand gesteckt. Um die Fahne zu retten und zu seiner bereits aufgebrochenen Truppe zu gelangen, verzichtet er auf Waffenrock und Helm, läuft durch die brennenden Gemäuer und reitet aus dem Schloss. Mit der brennenden Fahne findet er sich allein mitten unter den Feinden wieder und fällt.

Wirkungsgeschichte. Am 23. Mai 1912 erschien Rilkes Werk als erster Band der Insel-Bücherei in einer Auflage von 10.000 Exemplaren, die sofort vergriffen war und den Erfolg der Reihe begründete. Bis 2006 erreichte der Cornet 54 Auflagen mit 1,14 Millionen Exemplaren. Die lyrisch-impressionistische Prosa vermittelt Gefühle von Jugend und Lebenshunger, Liebe und Tod. Besonderer Popularität erfreute sich die Soldatenballade aus dem 17. Jahrhundert in der Zeit der beiden Weltkriege. Das letztlich zeitlos-universelle Schicksal des jungen Soldaten schwankt zwischen Glorifizierung des Heldentodes und der Sinnlosigkeit (jungen) Sterbens, Gefühlen von überzogener Ehre, Verlust und Traurigkeit. Dem Langemarck-Mythos zufolge hatten die „jungen“ Regimenter das „Deutschlandlied auf den Lippen“ und den „Cornet“ im Tornister.

Viktor Ullmanns Komposition. In der rhythmischen Prosa des Cornets zeichnet Rilke das Leben eines jungen Fahnenträgers, der tief in die Wirrnisse des Krieges eintaucht, in einer einzigen Liebesnacht die Erfüllung findet und in der folgenden Schlacht stirbt. Inspiriert von der außergewöhnlichen Intensität der Dichtung, erweiterte Victor Ullmann während seiner Internierung im Konzentrationslager Theresienstadt den Cornet zu einem suggestiven Werk für gesprochene Stimme und Klavier. Es ist seine letzte Komposition vor der Deportation nach Auschwitz und symbolisiert beispielhaft Werk und Schicksal vieler Künstler im Dritten Reich.

FOTOS


Rainer Maria Rilke


Viktor Ullmann

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Wolfgang Beuschel (Sprecher)


Walter Prossnitz (Klavier)

BIOGRAPHIEN

RAINER MARIA RILKE. Geb. 1875 in Prag. Sohn eines Militärbeamten und Beamten bei der Eisenbahn. Besuchte die Militärschule St. Pölten 1886 bis 1891 und danach die Militär-Oberrealschule in Mährisch-Weißkirchen. Wich der Offizierslaufbahn aus, bereitete sich privat auf das Abitur vor und studierte Kunst- und Literaturgeschichte in Prag, München und Berlin. 1897 Begegnung mit Lou Andreas-Salomé, mit der er 1899/1900 nach Rußland reiste. Die »russische Seele« beeindruckte ihn sehr. Begegnung mit Tolstoi. 1900 ließ er sich in der Malerkolonie Worpswede nieder und heiratete die Bildhauerin Clara Westhoff, von der er sich 1902 wieder trennte. 1905 wurde er für acht Monate der Privatsekretär von Rodin in Paris. Reisen nach Nordafrika, Ägypten, Spanien. 1911/12 lebte er auf Schloß Duino an der Adria bei der Fürstin Marie v. Thurn u. Taxis. Im 1. Weltkrieg in München; kurze Zeit beim österreichischen Landsturm; aus Gesundheitsgründen entlassen. Nach Kriegsende in der Schweiz: 1920 in Berg am Irschel, seit 1921 auf Schloß Muzot im Kanton Wallis, das ihm sein Mäzen Werner Reinhart zur Verfügung gestellt hatte. Er starb am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Val-Mont bei Montreux an Leukämie. In Raron/VS begraben.

VIKTOR ULLMANN, geb. 1898 in Teschen (Cieszyn), Österreich-Ungarn; gest. 1944 in Auschwitz-Birkenau, war ein österreichisch-tschechischer Komponist, Dirigent und Pianist. Er studierte von Oktober 1918 bis Mai 1919 in Arnold Schönbergs "Seminar für Komponisten" an den Schwarzwaldschen Schulen in Wien. Seit 1919 in Prag lebend und nunmehr tschechischer Staatsbürger, wurde Ullmann auf Schönbergs Empfehlung Anfang 1920 Assistent von Alexander Zemlinsky, dem musikalischen Chef des Prager Neuen Deutschen Theaters. Sieben Jahre später leitete er als Erster Dirigent die Oper am Theater in Aussig, verließ jedoch nach einer Saison diese Stellung und gelangte über Zürich nach Stuttgart, wo er in einem Buchladen der Antroposophischen Gesellschaft arbeitete. Als Jude, Antroposoph und Schönberg-Schüler gleichsam dreifach "entartet" im "Dritten Reich", sah Ullmann sich gezwungen, Deutschland zu verlassen. Er ging 1933 zurück nach Prag und studierte - neben vielfältiger musikpädagogicher und journalistischer Tätigkeit - am Vierteltonseminar von Alois Hába. Seit 1923 wurden Kompositionen Ullmanns öffentlich aufgeführt; sein Oeuvre bis 1942 umfasst 3 Opern, 4 Klaviersonaten, Kammermusikwerke, Liederzyklen und Chormusik. Am 8. September 1942 wurde er mit seiner Frau in das Konzentrationslager Theresienstadt, 60 km nordwestlich von Prag, deportiert. In diesem "Vorzeigelager" der nationalsozialistischen Machthaber schrieb Ullmann zahlreiche Werke, u. a. die Oper "Der Kaiser von Atlantis oder die Todverweigerung". Dort entstand 1943 auch das 3. Streichquartett op. 46.Ullmann hatte gleich nach seiner Einlieferung im Herbst 1942 eine erschreckende Produktivität entfaltet. Das Vorzeigelager der Nazis, in Wahrheit eine "Transitstation" nach Treblinka und Auschwitz, bot Kulturprogramme von absurder Freizügigkeit. Es gab Gestapo-Parodien auf offener Bühne, Jazz mit den "Ghetto-Swingers", Mendelssohn und andere jüdische Komponisten. Ullmann referierte über "Mahler und Schönberg" und schrieb Konzertkritiken. Der fast allmächtige Ältestenrat residierte in einer vergleichsweise luxuriösen Kaserne, von den übrigen Häftlingen kafkaesk "das Schloss" genannt; ihm verdankte Ullmann die Freistellung von der Sklavenarbeit und die Leitung des "Studios für neue Musik". Auf diese Art opponierte er Tag für Tag gegen die N.S.-Ideologie, die in Juden eine kulturunfähige Rasse sah. "Unser Kulturwille war unserem Lebenswillen adäquat", heißt es in einem Text Ullmanns. Die Rede von dem "Theresienstädter Komponisten" unterschlägt, dass es natürlich auch ein Leben vor dem KZ gegeben hat. Viktor Ullmann, Schüler Schönbergs und dann in Prag zweiter Kapellmeister unter Zemlinsky, stand Ende der dreißiger Jahre vor dem Durchbruch als Komponist. Zwar ist der Großteil seines Frühwerks verschollen, doch blieben unter anderem vier Klaviersonaten erhalten, zwei Opern und das "dionysische" Klavierkonzert op. 25. Sein letztes Werk, ein Melodram auf Rilkes "Cornet", entstand Ende September 1944. Zwei Wochen später wurden Viktor Ullmann und seine Frau Elisabeth, seine erste Ehefrau und die befreundeten Komponisten Haas, Klein und Krása nach Auschwitz deportiert, von Dr. Mengele an der Rampe selektiert und in die Gaskammer geschickt. Auch Ullmanns zweite Ehefrau und zwei Söhne wurden ermordet. Seine Werke hatte er vor der Deportation dem Leiter der Getto-Bibliothek anvertraut.

WALTER PROSSNITZ. Geboren 1959 in Victoria, Kanada. Studium am dortigen Konservatorium, in Wien und an der Juilliard School in New York, wo er 1984 mit dem Masters Degree mit Auszeichnung abschloss. Während der Studienzeit mehrere Preise, u.a. Grand Prix für alle Instrumente beim kanadischen Nationalwettbewerb und erster Preis beim Montreal Sinfoniewettbewerb. Zu seiner umfassenden Konzerttätigkeit gehören Aufführungen von über 30 verschiedenen Klavierkonzerten mit Orchestern in New York (Carnegie Hall), Seattle, Montreal, Mexiko City, München, Nürnberg, Basel, Zürich (Tonhalle und Oper) und vielen anderen Städten. Recitals in New York, San Francisco, Toronto, Paris, Rom, Budapest, Helsinki, Hong Kong und Beijing. Walter Prossnitz ist seit 1988 Dozent an der Zürcher Musikhochschule und Konservatorium. Als Ausgleich komponiert er und ist als Erfinder von Brettspielen tätig.

WOLFGANG BEUSCHEL, geb. 1954, hat 1985 am Stadttheater in Pforzheim zu spielen begonnen. Nach Engagements in Luzern, Konstanz, Zürich und Basel gehörte er bis Sommer 2002 dem Ensemble des Stadttheaters in Aachen an. Er arbeitet auch als Regisseur. Als Rezitator hat er in den letzten Jahren an Liederabenden mit Ruth Ziesak, Regina Jacobi, Hanno Müller-Brachmann, Martin Bruss und Christian Hilz zusammengearbeitet und gestaltet einen eigenen Abend mit Konzertmelodramen. Aktuell ist er in einer Inszenierung Claus Guths von Schuberts Oper »Fierrabras« am Opernhaus Zürich als Komponist FRANZ SCHUBERT zu sehen, er spielt und liest den Orchesterwart HUGO in den »Pirats of Penzance« von Gilbert und Sullivan, produziert von der Pocket Opera Company, mit dem Zürcher Kammerorchester unter Howard Griffiths und ist künstlerischer Leiter des Weiterbildungsprojekts »theatermacher« für darstellende Künstler in Zürich. Am Deutschen Schauspielhaus spielt er den Basta in Tintenherz von Cornelia Funke in der Regie von Markus Bothe.

LINKS


>> http://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Maria_Rilke
>> http://www.viktor-ullmann.de/

>> http://www.wolfgangbeuschel.ch/

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